„So sind wir ja mit ihm begraben durch die Taufe in den Tod, damit, wie Christus auferstanden ist durch die Herrlichkeit des Vaters, so auch wir in einem neuen Leben wandeln.”
(Röm. 6,4)
„The Life that Wins“
Eine Ansprache von Ch. G. Trumbull vor dem Nationalkonvent der Presbyterianer-Bruderschaft von Amerika, gehalten in der Presbyterianerkirche St. Louis (Mo.). in der Washington and Compton Avenue, in der Dr. J. H. Brookes viele Jahre Pfarrer war. Gedruckt mit freundlicher Erlaubnis der Sunday School Times Company, Philadelphia, USA.
Ins Deutsche übersetzt durch F. Risch. (1967)
Charles Gallaudet Trumbull
Christus lebt in mir
Es gibt nur ein Überwinderleben, und das ist das Leben Jesu Christi. Jedermann kann dieses Leben haben; jeder kann es leben.
Ich meine nicht, dass jeder Christus ähnlich sein kann. Ich meine etwas viel Besseres als das. Auch meine ich nicht, dass ein Mensch immer die Hilfe Christi haben kann; ich meine etwas Besseres als das. Ich meine auch nicht, dass jemand Kraft von Christus bekommen kann. Ich meine etwas viel Besseres als Kraft. Auch meine ich damit nicht, dass ein Mensch nur errettet werden soll von seiner Sünde und bewahrt bleiben vor dem Sündigen. Ich meine etwas Besseres als selbst diesen Sieg.
Um zu erklären, was ich meine, muss ich euch einfach eine sehr persönliche, frisch erlebte Erfahrung von mir selbst berichten. Ich glaube korrekt zu sein, wenn ich sage, dass ich mehr als die meisten Menschen etwas weiß von Versagen, von Verrat und Entehrung Christi, von Ungehorsam gegen himmlische Offenbarungen, von bewusstem Zurückbleiben hinter dem, was ich andere erreichen sah und was, wie ich genau wusste, Christus auch von mir erwartete. Vor nicht allzu langer Zeit hätte ich gerade hier einhalten müssen und hätte nur der Hoffnung Ausdruck geben können, dass ich eines Tages aus all dem Jammer in etwas Besseres herausgeführt würde. Wenn ihr mich nach dem Wie gefragt hättet, so hätte ich antworten müssen, ich weiß es nicht. Aber dank Seiner Langmut und Geduld, Seiner unendlichen Liebe und Barmherzigkeit, muss ich hier nicht abbrechen, sondern kann fortfahren und euch etwas anderes erzählen als eine ärmliche Geschichte von persönlichem Versagen und Enttäuschung.
Ehe die neue Erfahrung von Christus eintrat, von der ich euch berichten werde, lagen die bewussten Mängel meines Lebens klar genug zu Tage:
- Es gab große Schwankungen in meinem geistlichen Leben, in meiner verborgenen Gemeinschaft mit Gott. Manchmal schwebte ich auf geistlichen Höhen, zu an deren Zeiten lag ich tief unten. Eine geistesstarke, aufrüttelnde Versammlung, eine bewegende, eindringliche Ansprache eines geheiligten, sieghaften christlichen Leiters, ein gründliches, geisterfülltes Buch oder die Verpflichtung für mich, ein schwieriges Stück christlichen Dienstes zu tun, mit der Gebetsvorbereitung, die dazu erforderlich war – das alles hob mich in die Höhe, und ich blieb droben – für eine Weile –, und Gott schien mir sehr nahe und mein geistliches Leben tiefgehend zu sein. Aber es dauerte nicht an. Manchmal durch ein auffallendes Versagen in einer Versuchung, manchmal auch durch einen schrittweisen Prozess des Niedergangs verlor ich meine besten Erfahrungen und fand mich zurückgeworfen auf ein niedriges Niveau.
Es schien mir, dass es mir möglich sein sollte, dauernd auf einer hohen Ebene vertrauter Gemeinschaft mit Gott zu leben, wie ich es bei bestimmten anderen Menschen sah, im Unterschied zu mir. Diese Menschen waren allerdings außergewöhnlich; sie waren eine Minderheit unter den Christen, die ich kannte. Aber ich wünschte, dieser Minderheit anzugehören. Und warum sollten wir nicht alle dabei sein, damit sie so in eine Mehrheit verwandelt würde? - Ein anderer offenbarer Mangel in meinem Leben bestand in der Tatsache, dass ich Gewohnheitssünden unterlag. In bestimmten Dingen kämpfte ich keinen siegreichen Kampf. Wenn freilich Christus nicht den Sieg bedeutete, wozu dienten dann meine christlichen Glaubensüberzeugungen und mein Bekenntnis? Ich schaute nicht aus nach Vollkommenheit. Aber ich war überzeugt, dass ich befähigt werden könnte, auf bestimmten Gebieten meistens, ja immer zu überwinden, anstatt dass die nur unsicher und gelegentlich errungenen Siege untermengt waren mit erdrückenden und erniedrigenden Niederlagen. Wohl hatte ich, ach so ernst, um Erlösung gebetet, aber die endgültige Befreiung war nicht eingetreten.
- Ein dritter offenbarer Mangel bestand auf dem Gebiet dynamischer, überzeugender geistlicher Kraft, die wunderbare Wandlungen im Leben anderer bewirkt hätte. Ich tat eine Menge christlicher Arbeit, wie schon immer, seit ich ein fünfzehnjähriger Junge war. Ich tat sie schließlich gewohnheitsmäßig (jawohl, das kann jeder). Ich übte auch Seelsorge, die schwerste Arbeit von allen: ich sprach mit den Menschen unter vier Augen über ihre Hingabe an Christus. Aber ich sah keine Resultate. Manchmal, ganz selten, konnte ich wohl etwas sehen, was einem Ergebnis nahe zu kommen schien, aber nur eine Spur. Ich erlebte nicht, dass durch meine Arbeit Menschenleben für Christus gewonnen, revolutioniert und in Feuerbrände für Ihn verwandelt wurden; und es schien mir doch, als sollte es durch mich geschehen. Andern gelang es, warum nicht mir? Ich tröstete mich mit der alten, so oft vom Teufel gebrauchten Versicherung, es sei mir nicht bestimmt, Resultate zu sehen; das könne ich getrost dem Herrn überlassen, wenn ich nur das Meinige täte. Aber das befriedigte mich nicht, und mein Herz war zuweilen krank über der geistlichen Unfruchtbarkeit meines Dienstes.
Ungefähr vor einem Jahr begann ich auf verschiedenen Wegen Andeutungen zu erhalten, dass gewisse Menschen, zu denen ich aufschaute, weil sie augenfällig gesegnet waren in ihrem christlichen Dienst, anscheinend einen Begriff oder ein Bewusstsein von Christus hatten, das mir fehlte – erhabener, größer, tiefer als irgendein Gedanke, den ich je von Christus gehabt hatte. Ich rebellierte gegen diese Eingebung, als sie mich das erste Mal befiel. Wie konnte irgend jemand eine bessere Idee von Christus haben als ich? (Ich entblöße hiermit vor euch die blinden und selbstzufriedenen Regungen meines durch die Sünde abgestumpften Geistes und Herzens.) Glaubte ich nicht an Christus und betete ihn an als Sohn Gottes, der eins war mit Gott? Hatte ich ihn nicht vor mehr als zwanzig Jahren als meinen persönlichen Heiland angenommen? Glaubte ich nicht, dass in ihm allein ewiges Leben zu finden sei? Und versuchte ich nicht, in seinem Dienst zu leben, indem ich mein Alles für ihn gab? Erbat ich nicht ständig seine Hilfe und Führung, und glaubte ich nicht, dass er meine einzige Hoffnung sei? Verfocht ich nicht die Sache selbst, nämlich die höchstmögliche Wertschätzung Christi, indem ich in den Spalten der Sonntagsschulzeitung eine Diskussion leitete über die Gottheit Christi, in welcher die führenden Bibelgelehrten der Welt ihren persönlichen Glauben an Christus als Gott bezeugten? Das alles tat ich; wie war dann ein höherer oder besserer Begriff Christi möglich als der meine? Ich wusste, dass ich ihm weit besser dienen müsse als je bisher; aber dass mir ein neues Begreifen seiner Person vonnöten war, das wollte ich nicht zugeben.
Und doch kam es immer wieder auf mich zu, aus Richtungen, die ich nicht übersehen konnte. Ich hörte von einem vollmächtigen Prediger eine Ansprache über das Thema «… zur Auferbauung des Leibes Christi, bis wir alle hinankommen zur Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes, zum vollen Mannesalter, zum Maß der Fülle Christi» (Eph. 4,12+13). Und als ich dem nachging, war ich erstaunt und verwirrt. Ich konnte dem Prediger nicht folgen; was er sagte, ging über meinen Horizont. Er sprach von Christus und entfaltete sein Wesen in einer Weise, die mir, wie ich zugeben musste, völlig unbekannt war. Ob er Recht oder Unrecht hatte, war ich an dem Abend noch nicht bereit zu entscheiden. Hatte er aber Recht, so hatte ich Unrecht. – Später las ich eine andere Predigt von demselben Mann über den paulinischen Christusbegriff. Gleich als ich sie las, war ich mir derselben unbehaglichen Einsicht bewusst, dass er und Paulus von einem Christus redeten, den ich einfach nicht kannte. Konnten sie der Wahrheit näher sein als ich? Und wenn ja, wie konnte ich ihre Erkenntnis bekommen?
Eines Tages machte ich die Bekanntschaft eines andeen Pfarrers, dessen Arbeit unter Männern reich gesegnet worden war. Ich erfuhr von ihm: Was er für seinen stärksten geistlichen Aktivposten hielt, das war sein ständiges Bewusstsein der wirklichen Gegenwart Jesu. Nichts erhob ihn so, sagte er, als die lebhafte Empfindung, dass Jesus immer bei ihm war, in wirklicher Gegenwart, und dass diese Tatsache unabhängig war von seinen eigenen Gefühlen, seinen Verdiensten und seinen Vorstellungen, wie Christus seine Gegenwart offenbaren würde. Noch mehr, er sagte, Christus sei die Heimat seiner Gedanken. Sobald sein Geist frei war von anderen Gegenständen, wandte er sich zu Christus; und er sprach laut mit ihm, wenn er allein war – auf der Straße oder irgendwo –, so leicht und natürlich wie mit einem menschlichen Freund. So real war ihm die Gegenwart Jesu.
Einige Monate später war ich als Teilnehmer auf der Weltmissionskonferenz in Edingburgh. Und ich sah, dass ein Mann, dessen Schriften mir viel geholfen hatten, am Sonntagnachmittag zu Männern sprechen sollte über «die Quellen des christlichen Lebens». Begierig ging ich hin, um ihn zu hören. Ich erwartete, dass er eine Reihe von bestimmten Regeln geben würde, die wir befolgen könnten, um unser christliches Leben zu stärken; und ich wusste, dass ich diese Regeln brauchte. Aber seine Anfangsworte zeigten mir mein Missverständnis, während sie zugleich mein Herz in einer neuen Freude springen ließen. Was er sagte, war ungefähr das: «Die Quelle des christlichen Lebens, meine Freunde, ist niemand anders als – Jesus Christus selbst». Das war alles, aber es war genug. Ich hatte es noch nicht ganz erfasst. Aber es war genau das, was all diese Männer mir bisher zu sagen versucht hatten. Als ich später mit dem Redner über meine persönlichen Nöte und Schwierigkeiten sprach, sagte er ernst und einfach: «O, Herr T., wenn wir nur auf Christus zugehen würden in einem viel kühneren Glauben, könnte er so viel mehr für uns tun!»
Bevor ich Großbritannien verließ, wurde ich noch einmal mit diesem Gedanken konfrontiert, der mir zu hoch war, mit einem Christus, den ich noch nicht kannte, und zwar in einer Predigt, die ein Freund von mir an einem Sonntagabend im Juni in seiner Londoner Kirche hielt. Sein Text war ein Vers aus Philipper 1: «Christus ist mein Leben.» (V. 21). Es war das gleiche Thema, die Entfaltung des Lebens, das Christus ist: Christus als das ganze Leben und das einzige Leben. Ich verstand nicht alles, was er sagte, hatte aber wieder den vagen Eindruck, dass das, worüber er sprach, nicht mein Eigentum war. Doch ich wünschte die Predigt noch einmal zu lesen und nahm das Manuskript mit mir, als ich ihn verließ.
Ungefähr Mitte August kam eine Krise über mich. Ich nahm teil an einer Jugendmissionskonferenz und sah mich einer Woche voll täglicher Arbeit gegenüber, für die ich, wie ich wusste, erbärmlich, ja hoffnungslos ungeeignet und unausgerüstet war. Denn die wenigen Wochen zuvor waren eine meiner Perioden des geistlichen Tiefstandes, nicht der Erhebung gewesen, mit allem Verlust, Versagen und Unterliegen, das eine solche Zeit unvermeidlich mit sich bringt.
Gleich am ersten Abend, den ich dort verlebte, sprach ein Missionsbischof zu uns über das «Wasser des Lebens». Er sagte uns, dass es Christi Wunsch und Absicht für jeden seiner Nachfolger ist, eine Quelle erquickenden, strömenden Lebenswassers für andere zu sein, und zwar nicht unterbrochen, sondern mit anhaltendem und unwiderstehlichem Erguss. Wir haben Christi eigenes Wort dafür, sagte er, indem er zitierte: «Wer an mich glaubt, wie die Schrift sagt, aus dessen Leib werden Ströme lebendigen Wassers fließen». Er zeigte, wie einige nur ein wenig von diesem Lebenswasser haben – sie bringen es hervor in kleinen Eimern und nur in Zwischenräumen, wie die Berieselungswasserräder Indiens mit allerhand Geknirsche und Gequietsche, während es vom Leben anderer fortwährend ausgeht in einem Leben bringenden und überreichen Strom, den nichts aufhalten kann. Und er beschrieb eine kleine alte Eingeborene im Osten, deren wunderbarer Zeugendienst für Christus uns alle beschämte, die zuhörten. Dabei hatte sie Christus erst ein Jahr gekannt! Am nächsten Morgen, einem Sonntag, war ich allein in meinem Zimmer. Da betete ich es durch mit meinem Gott, indem ich ihn inständig bat, mir den Ausweg zu zeigen. Wenn es ein Verständnis Christi gab, das mir fehlte und das ich brauchte, weil es das Lebensgeheimnis einiger dieser Menschen war, die ich gesehen oder von denen ich gehört hatte, ein Verständnis, besser als irgendeines, das ich bisher hatte, und das über meinen Horizont ging, so bat ich Gott, es mir zu geben. – Ich hatte die Predigt bei mir, die ich gehört hatte, über «Christus ist mein Leben». Ich erhob mich von meinen Knien und las sie gründlich durch. Dann betete ich wieder. Und Gott in seiner lang ertragenden Geduld, Vergebungsbereitschaft und Liebe gab mir, worum ich bat. Er gab mir einen neuen Christus, völlig neu im Begreifen und im Bewusstsein, das nun mein eigen wurde.
Worin bestand die Wandlung? Es ist schwierig, sie in Worte zu fassen, und doch ist sie so neu, so real, so wunderbar, nicht allein in meinem Leben, sondern auch im Leben anderer! Um damit zu beginnen: Zum ersten Mal erfasste ich, dass die vielen Bezeugungen im Neuen Testament: «Christus in euch», «ihr in Christus», «Christus, unser Leben» und das «Bleiben in Christus» wörtliche, wirkliche, gesegnete Tatsachen und nicht etwa Bilderrede sind. Johannes 15 – wie vibrierte dieses Kapitel von neuem Leben, als ich es jetzt las! Ebenso Epheser 3,14–21 und Galater 2,20 und Philipper 1,21! Was ich meine, ist folgendes: Ich hatte immer gewusst, dass Christus mein Retter war; aber ich hatte zu ihm aufgeschaut als zu einem außen stehenden Retter, zu einem, der sein Erlösungswerk für mich tat von außen her, der gewissermaßen bereit war, dicht an meine Seite zu treten und bei mir zu bleiben, um mir in allen Nöten zu helfen, mir Kraft, Stärke und Rettung zu schenken. Aber jetzt wusste ich etwas Besseres: Endlich erfasste ich, dass Jesus Christus wirklich und wörtlich in mir war, ja mehr noch: dass er sich selbst eingesetzt hatte als mein eigentliches Leben, indem er mich zu einer Einheit mit sich verband – meinen Leib, meine Seele und meinen Geist –, während ich noch mein Ichbewusstsein, meinen freien Willen und meine volle sittliche Verantwortung behielt. War das nicht besser, als ihn nur als Helfer, besser sogar, als ihn als äußerlichen Erlöser zu haben – nämlich ihn selbst zu besitzen, Jesus Christus, Gott den Sohn, als mein eigenes, wahres Leben? Das bedeutete, dass ich ihn nie wieder zu bitten brauchte, mir zu helfen, als wäre er der eine und ich ein anderer, sondern vielmehr einfach sein Werk zu tun, seinen Willen in mir, mit mir und durch mich. Mein Leib war sein, meine Seele, mein Wille, mein Geist sein, und nicht nur sein Eigentum, sondern wörtlich ein Teil von ihm. Er bat mich zu erkennen: «Ich bin mit Christus gekreuzigt, und nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir.» Jesus Christus hatte sich selbst als mein Leben eingesetzt – und das, wohlgemerkt, nicht als eine Redewendung, sondern als wörtliche, reale Wirklichkeit, so unbestreitbar wie die Tatsache, dass irgendein Baum zu dem Tisch gemacht wurde, auf dem jetzt meine Hand ruht. Denn «eure Leiber sind Glieder Christi», und «ihr seid der Leib Christi». Wundern wir uns, dass Paulus mit strahlender Freude jubelnd sagen konnte: «Zu leben bedeutet für mich Christus»? Er sagte nicht, wie ich es missverstanden hatte: „Zu leben bedeutet für mich, Christus ähnlich zu werden.” Auch nicht: „Zu leben bedeutet für mich, die Hilfe Christi zu haben.” Auch nicht: „Zu leben bedeutet für mich, Christus zu dienen.” Nein, er stößt durch und über das alles hinaus in den kühnen, herrlichen und geheimnisvollen Ruf: «Zu leben ist für mich Christus!». Ich hatte diesen Vers vorher nie verstanden. Jetzt erst, da Christus sich selbst mir geschenkt hat, dank dieser Gabe beginne ich einen Schimmer seines wunderbaren Inhalts zu ahnen.
So weiß ich nun für mich selbst, dass es ein Leben im Sieg gibt. Es ist das Leben Jesu Christi. Und es kann ohne weiteres unser Leben sein, wenn wir – in völlig bedingungsloser Hingabe unseres Ichs an Ihn, unseres Willens an seinen Willen, so dass er der Herr unseres Lebens wird in gleichem Maß wie unser Erlöser – wenn wir ihn so bei uns eintreten lassen, uns in Besitz nehmen, uns überwältigen, ja uns mit ihm selbst erfüllen lassen «bis zu der ganzen Gottesfülle».
Was war nun das Ergebnis? Gab mir diese Erfahrung ein neues intellektuelles Verständnis Christi, interessanter und befriedigender als vorher? Wenn es nur das wäre, hätte ich euch heute wenig zu sagen. Nein! Es bedeutete ein ganz umgekrempeltes, grundlegend verändertes Leben nach innen und außen. « Ist jemand in Christus » (ihr kennt dieses Wort), «so ist er eine neue Schöpfung»!
Glaubt nicht, dass ich eine missverstandene, unausgewogene Theorie vertrete, dass ein Mensch nicht wieder sündigen könne, wenn er Christus als die Fülle seines Lebens angenommen hat. Das Leben, das Christus ist, lässt uns noch unseren freien Willen. Mit diesem freien Willen können wir Christus widerstehen; und mein Leben hat seit der neuen Erfahrung, von der ich spreche, Sünden solchen Widerstandes verzeichnet. Aber ich habe gelernt, dass die Wiederherstellung nach dem Fall übernatürlich gesegnet, augenblicklich und vollkommen sein kann. Ich habe gelernt: Indem ich in der Hingabe ganz auf Christus vertraue, brauche ich nicht mehr gegen die Sünde zu kämpfen. Ich habe gelernt, dass diese Freiheit, dieses «mehr als Sieger sein» aufrecht erhalten wird in ungebrochener Fortdauer, indem ich einfach anerkenne, dass Christus das Leben ist, das mich reinigt und regiert.
Die drei großen Mängel oder Nöte, von denen ich am Anfang sprach, sind wunderbar behoben:
- Es entstand eine Gemeinschaft mit Gott, äußerst verschieden von allem, was ich in meinem ganzen Leben zuvor gekannt hatte, und unendlich viel besser.
- Über gewisse Gewohnheitssünden, die altbekannten, die immer wieder mein geistliches Leben abdrosselten und mich scheitern ließen, erlebte ich eine völlig neue Art von Sieg – Sieg durch Freiheit –, wenn ich mich nur ganz auf Christus verließ, dass Er mich in dieser Freiheit erhält.
- Und zuletzt: Die geistlichen Folgen in meinem Dienst ließen mich derart an der Freude des Himmels teilhaben, wie ich es auf Erden nie für möglich gehalten hätte. Sechs meiner vertrautesten Freunde, die meisten reife Christen, hatten bald ihr Leben durch Christus völlig umgestaltet, indem sie ihn in dieser neuen Weise ergriffen und ihn aufnahmen bis zur ganzen Gottesfülle. Zwei von ihnen waren Mutter und Sohn, dieser letztere ein junger Geschäftsmann im Alter von 25 Jahren. Ein anderer war Generaldirektor eines der großen Geschäftshäuser in Philadelphia. Obwohl seit Jahren ein entschiedener und aktiver Christ, begann er jetzt, Christus Raum zu geben, dass er sich durch ihn in neuer Weise auswirken konnte im Leben seiner vielen Mitarbeiter und Geschäftsvertreter über das ganze Land hinweg. Ein weißhaariger Mann von über 70 Jahren fand Frieden im Leben und Freude im Gebet, Dinge, die er schon lange als für ihn unmöglich aufgegeben hatte. Das Leben wimmelt richtig von Wunderbeweisen dafür, was Christus im Leben anderer Menschen tun will durch jeden, der ihm einfach den Schlüssel aushändigt für seine völlige Innewohnung.
Jesus Christus will nicht nur unser Helfer, er will unser Leben sein. Er will nicht, dass wir für ihn arbeiten; er wünscht, dass wir ihn sein Werk tun lassen durch uns, indem er uns gebraucht, wie wir einen Schreibstift gebrauchen – genauer gesagt: indem er uns gebraucht als einen Finger an seiner Hand. Wenn unser Leben nicht nur Christus gehört, sondern Christus selbst ist, dann wird es zu einem siegreichen Leben; denn Er kann nicht versagen. Und ein Leben im Sieg ist zugleich ein fruchttragendes und dienendes Leben. Denn trotz allem ist das Überwinden nur ein kleiner, lediglich das Negative betreffender Teil des Lebens. Wir werden auch Frucht bringen im Charakter und im Dienst, wenn Christus unser Leben ist. «Er kann sich selbst nicht verleugnen»: Er kam nicht, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen. Eine völlig neue Art von Dienst beginnt jetzt für uns, da wir Christus anderen dienen lassen durch uns, indem er uns gebraucht. Und all dieses selbstverständliche, immerwährende Fruchttragen und Dienen geschieht durch den Glauben an ihn. Unsere Taten sind die Folge seines Lebens in uns, nicht die Bedingung oder das Geheimnis oder die Ursache dieses Lebens. Haben wir die Grundbedingung erfüllt und Christus persönlich als unseren Retter angenommen, der uns durch seinen Tod als unser Stellvertreter und Sündenträger erlöst hat von der Schuld und den Folgen unserer Sünde, dann bleiben nur noch zwei einfache Voraussetzungen übrig, um Christus so als die Fülle des Lebens zu empfangen.
- Wir wollen uns völlig und bedingungslos hingeben an Christus als den Herrn alles dessen, was wir sind und was wir haben. Dabei sagen wir Gott, dass wir jetzt bereit sind, dass nur sein Wille geschehe in unserem ganzen Leben, in jeder Beziehung, um jeden Preis.
- Wir wollen glauben, dass Gott uns völlig frei gemacht hat von dem Gesetz der Sünde (Röm. 8,1+2). Er will es nicht tun, sondern er hat es getan. Von diesem zweiten Schritt, dem stillen Akt des Glaubens, hängt nun alles ab. Der Glaube muss Gott vertrauen, auch wenn nichts zu fühlen ist und nichts bewiesen werden kann. Denn Gottes Wort ist sicherer, besser und gewisser als irgendein augenfälliger Beweis für sein Wort. Wir müssen, wenn nötig, in nacktem und „kaltem” Glauben sagen: „Ich weiß, dass mein Herr Jesus alle meine Mängel jetzt erstattet (sogar meinen Mangel an Glauben), weil seine Gnade für mich ausreicht.” (Siehe 2.Kor. 12,9)
Und denke daran, dass Christus selbst besser ist als irgendeine seiner Segnungen, besser als Kraft oder Sieg oder als der Dienst, den er uns gewährt. Christus bewirkt geistliche Kraft, aber Er ist besser als diese Kraft. Er ist das Beste Gottes; er ist Gott. Und wir dürfen dieses Beste haben, wir dürfen Christus haben, indem wir uns ihm überlassen in vollständiger Aufgabe unseres Selbst, so dass nicht mehr länger wir leben, sondern Christus in uns lebt. Willst du ihn so annehmen?