Erlösung ist viel mehr als lediglich Vergebung der Sünden!

In ihm haben wir die Erlö­sung…“ (Eph. 1,7; Kol. 1,14)

Was ist „Erlö­sung“ im Sinn der Bibel? Nimmt man alle Aus­sagen der Schrift über unsere Erlö­sung von Sünde und Schuld, Fluch und Gericht zusam­men, dann erken­nt man, dass die voll­ständi­ge Besei­t­i­gung des Sün­den­prob­lems gemeint ist. Das wird allein schon in Römer 5,10 deut­lich: „Denn wenn wir mit Gott ver­söh­nt wor­den sind durch den Tod seines Sohnes, wieviel mehr wer­den wir gerettet wer­den durch sein Leben, nach­dem wir nun ver­söh­nt sind!“ Eben­so im fol­gen­den Kapi­tel (6,4), wo Paulus fest­stellt: „So sind wir ja mit ihm begraben durch die Taufe in den Tod, damit, wie Chris­tus aufer­weckt ist von den Toten durch die Her­rlichkeit des Vaters, so auch wir in ein­er neuen Art von Leben wan­deln“, und in 2.Kor. 5,17: „Ist jemand in Chris­tus, so ist er eine neue Schöp­fung; das Alte ist ver­gan­gen…“ In 1.Johannes 3,6a wird uns unmissver­ständlich offen­bart: „Wer in ihm bleibt, der sündigt nicht.“

Lei­der schlep­pen wir seit den Tagen Luthers in den gängi­gen deutschen Bibelüber­set­zun­gen eine frag­würdi­ge Wieder­gabe des griechis­chen Wortes „Aph­e­sis” („άφεσις” – ­Freilas­sung) weit­er. Viel Ver­wirrung ist die Folge.

„Aph­e­sis” wird fast durchge­hend mit „Verge­bung” über­set­zt. Diese Bedeu­tung hat „aph­e­sis” zwar auch, aber nur nachrangig. Das Verb, von dem „άφεσις” abgeleit­et ist, bedeutet zu allererst „loslassen“ und „befreien“. In der grie­chischen Lit­er­atur des Alter­tums find­et man „άφεσις” im Sinn von a) Entsendung, b) Eröff­nung der Schranken und c) Freilas­sung, Her­aus­gabe. Erst an aller­let­zter Stelle, unter dem Begriff „Her­aus­gabe“, erscheint im Wörter­buch auch das Wort „Verge­bung“.

Für das Neue Tes­ta­ment sind die Begriffe unter c) wichtig: Freilas­sung und Her­aus­gabe. „Freilas­sung” betraf ins­beson­dere die Ent­las­sung von Gefan­genen oder Sklaven in die Frei­heit, „Her­aus­gabe“ betraf z.B. ein Pfand oder einen Schuld­schein. Hier­von leit­ete sich dann schließlich der Sinn „Verge­bung“ ab.

Nach Aus­sage der ganzen Heili­gen Schrift hat Jesus Chris­tus am Kreuz eine umfassende und voll­ständi­ge Erlö­sung und Befreiung für uns erwor­ben. Er hat – wie in 1.Mose 3,15 angekündigt – der Schlange den Kopf zertreten und alle Voraus­set­zun­gen dafür geschaf­fen, dass seine Nach­fol­ger ein befre­ites, heiliges, Gott wohlge­fäl­liges Leben führen kön­nen. Joseph, dem Ver­lobten der Maria, wurde gesagt: „Du sollst ihm den Namen Jesus (d.h. „Jah­we ret­tet“) geben, denn er wird sein Volk ret­ten von seinen Sün­den“ (Mt. 1,21). Der Priester Zacharias empf­ing prophetis­che Worte über das, was Gott uns durch Jesus schenken wollte, näm­lich: „…dass wir, erlöst aus der Hand unser­er Feinde, ihm dienen (kön­nen) ohne Furcht in Heiligkeit und Gerechtigkeit vor seinem Angesicht alle unsere Tage“ (Lk. 1,74f). Und später sagte Jesus selb­st: „Wen der Sohn frei macht, der ist wirk­lich frei” (Joh. 8,36). Er spricht hier von der Gegen­wart, nicht nur von der Zukun­ft. Er spricht von real­er Befreiung im Heute und Jet­zt! Die Schrift lehrt uns Gläu­bige, dass wir „Sklaven der Sünde“ gewe­sen sind so wie alle anderen Men­schen auch (Röm. 6,17+20). Aber Gott „hat uns erret­tet aus der Gewaltherrschaft der Fin­ster­n­is (d.h. der Sklaverei unter Satan) und hat uns ver­set­zt in das Reich des Sohnes sein­er Liebe“ (Kol. 1,13)! Dieses wun­der­bare Geschehen sehen wir auch vorgeschat­tet in der Befreiung Israels aus der Sklaverei in Ägypten (2.Mose 12,1 bis 15,18).

Jesus Chris­tus hat uns tat­säch­lich von aller Ver­sklavung durch Sünde frei gemacht, das ist in Ihm die ewig gültige Wahrheit. Unter diesem Vorze­ichen kon­nte er den Men­schen sog­ar sagen: „Ihr sollt vol­lkom­men sein, wie euer Vater im Him­mel vol­lkom­men ist” (Mt. 5,48). Vol­lkom­men zu sein in der göt­tlichen Liebe ist sein Wille für uns. Wir kön­nen und sollen das real erleben. Aber wir gelan­gen nicht durch eigene Anstren­gung dahin, son­dern dadurch, dass wir ler­nen, durch Glauben in ihm zu leben und zu bleiben – wir in ihm und er in uns. Anders gesagt: Es geht darum, dass wir dem aufer­stande­nen Chris­tus erlauben, durch seinen Geist in uns zu wohnen und unser Leben zu sein. So schrieb Paulus mit Freude aus der Gefan­gen­schaft: „Chris­tus ist mein Leben!“ (Phil. 1,21) und: „Ich lebe; doch nun nicht ich, son­dern Chris­tus lebt in mir…” (Gal. 2,20). Und er kon­nte aus­rufen: „Gott aber sei Dank, der uns allezeit den Sieg gibt in Chris­tus…!“ (2.Kor. 2,14). Wenn dieser Mann des Glaubens schrieb:In ihm (in Chris­tus) haben wir die Erlö­sung…”, meinte er kein „So-tun-als-ob“, son­dern wirk­liche Erfahrung eines erlösten Lebens.

Es ist unbe­strit­ten, dass Jesus sein Blut für die Verge­bung unser­er Schuld ver­gossen hat. Sein Blut reinigt uns von allen Sün­den, die wir beken­nen (1.Joh. 1,8+9). Aber unser Erlös­er hat noch so viel mehr für uns getan! Er hat uns aus der Hand Satans befre­it, indem er unseren alten Men­schen mit sich in den Tod nahm. „Wir wis­sen ja, dass unser alter Men­sch samt ihm gekreuzigt wor­den ist…” (Röm. 6,6). Mit anderen Worten: Unsere „Sün­den­fab­rik”, über die Satan Macht hat­te, wurde für immer zer­stört. Watch­man Nee erzählt, dass es eine der glück­lich­sten Stun­den in seinem Leben war, als er begriff: Mein sündi­ger alter Ego-Men­sch ist ja schon tot! Er wurde bere­its vor 2000 Jahren, als mein Herr gekreuzigt wurde, mit ihm hin­gerichtet! Mit Freuden sagte W. Nee ja zu dieser Tat­sache und vol­l­zog damit, was in Galater 5,24 beschrieben wird: „Die aber Chris­tus Jesus ange­hören, die haben ihr Fleisch (anders gesagt: den alten Men­schen) gekreuzigt samt den Lei­den­schaften und Begier­den.” Dieses Ja zur Kreuzi­gung des alten Men­schen gehört zur Bekehrung, wird aber oft nicht gelehrt und deshalb nicht bewusst aus­ge­sprochen. Doch brauchen wir es, wenn wir ein Chris­ten­leben in Frei­heit und im Sieg erfahren wollen. Ohne Tod keine Auferstehung!

Am Kreuz des Her­rn wurde wirk­lich das gesamte Sün­den­prob­lem erledigt. „Also gibt es nun keine Ver­damm­nis (nichts mehr, was Gott verurteilen oder bestrafen müsste) für die, die in Chris­tus Jesus sind” (Röm 8,1). „Ihr seid ge­heiligt, ihr seid gerecht gewor­den in (wörtl.) dem Namen (d.h. in der Per­son) des Her­rn Jesus Chris­tus und in dem Geist unseres Gottes“ (1.Kor. 6,11). Diese Gerechtigkeit ist nicht im Fleisch, son­dern allein im Geist erfahrbar.

Das Geheim­nis, wie wir in die Erfahrung des erlösten Lebens hineinkom­men, wie wir vom „Wurm” zum „Adler” wer­den, liegt also in dem kleinen Wort „in“: Immer wieder betont die Schrift diesen entschei­den­den Fak­tor: „in Chris­tus” und „im Geist“. Zum Beispiel sagt Gott durch Paulus: „Ihr aber seid nicht im Fleisch, son­dern im Geist, wenn wirk­lich Gottes Geist in euch wohnt“ (Röm. 8,9). Und Jesus fordert seine Jünger auf: „Bleibt in mir…!” (Joh. 15,4).

Das Bleiben in Chris­tus kann jedes Kind Gottes einüben. Für jeden, der es erlernt, wird das Aufer­ste­hungsleben, das die Erfahrung von Paulus war, her­rliche Wirk­lichkeit: „Er hat uns erret­tet aus der Gewalt der Fin­ster­n­is und ver­set­zt in das Reich des Sohnes sein­er Liebe” (Kol. 1,13). „Nun aber (seid ihr) von der Sünde frei…“ (Röm. 6,22). Sind wir nicht in Chris­tus (nicht im Geist, nicht in sein­er Liebe), dann haben wir das Sün­den­prob­lem nach wie vor am Hals. Aber Gott möchte, dass wir das ganze Aus­maß des Erlö­sungswerkes von Jesus erfassen und erleben. Voll­ständi­ge Befreiung! Deshalb kann er uns auch mit großem Nach­druck durch Paulus sagen: „Wan­delt im Geist, so werdet ihr die Begier­den des Fleis­ches mit Sicher­heit nicht voll­brin­gen” (Gal. 5,16). Und durch Johannes: „Wer in ihm bleibt, der sündigt nicht“ (1.Joh. 3,6). Man kann zwar noch aus Chris­tus her­aus­fall­en und wird dann wieder sündi­gen, aber in ihm sind wir der Fin­ster­n­is wirk­lich entrissen.

Wenn wir die ganze Bibel im Herzen und vor Augen haben, soll­ten wir dem­nach „Aph­e­sis” an min­destens zehn Stellen des Neuen Tes­ta­ments nicht mit „Verge­bung”, son­dern mit „Frei­heit“ oder „Befreiung” übersetzen:

• „Der Geist des Her­rn ist auf mir, weil er mich gesalbt hat, den Armen gute Botschaft zu brin­gen; er hat mich gesandt, den Gefan­genen Befreiung zu verkün­den und den Blind­en, dass sie wieder sehen sollen, und die Zer­schla­ge­nen in die Frei­heit zu ent­lassen.” (Lk. 4,18)

Nur in diesem Vers geben alle maßge­blichen deutschen Über­set­zun­gen das (zweimal ver­wen­dete) Wort „Aph­e­sis“ im Sinn von „voll­ständi­ge Befreiung“ wieder. Und diese Schrift­stelle hat über­ra­gende Bedeu­tung: Hier sagte Jesus, dass er als Knecht Gottes gekom­men war, um Jesa­ja 61,1–2a zu erfüllen: um uns das wahre „Annahme-Jahr des Her­rn“ zu brin­gen – das Jobel­jahr, das Jahr der Freilas­sung, in dem jede Sklaverei und Gefan­gen­schaft ein Ende find­et (vgl. 3.Mose 25,8–43).

• „In ihm haben wir die Erlö­sung, die Befreiung von den Sün­den” (Kol. 1,14).
(Zwis­chenbe­merkung: Wir müssen hier unser alt­ge­wohntes Konzept wirk­lich fall­en lassen! „Erlö­sung“ bedeutet nicht, dass wir zwar Verge­bung haben, aber unser Leben lang die alten Sün­der bleiben und nur die Möglichkeit haben, unaufhör­lich unsere Sün­den zu Gott zu brin­gen. Genau dies war ja der Zus­tand im Alten Tes­ta­ment, aus dem der Mes­sias das Volk Gottes befreien sollte!)

• „In ihm (in Chris­tus) haben wir die Erlö­sung durch sein Blut, näm­lich die Befreiung von den Übertre­tun­gen, nach dem Reich­tum sein­er Gnade…” (Eph. 1,7)

• „… ihre Augen zu öff­nen, dass sie sich bekehren von der Fin­ster­n­is zum Licht und von der Gewalt Satans zu Gott, damit sie Befreiung von den Sün­den emp­fan­gen und ein Erbe unter denen, die geheiligt sind durch den Glauben an mich.” (Apg. 26,18)

• „Diesen hat Gott durch seine Rechte zum Führer und Ret­ter erhöht, um Israel Buße und Befreiung von den Sün­den zu geben.” (Apg 5,31)

…um seinem Volk Erken­nt­nis der Ret­tung zu geben, näm­lich der Befreiung von ihren Sün­den.” (Lk. 1,77)

Und dass in seinem Namen Buße und Befreiung von den Sün­den gepredigt wer­den soll allen Natio­nen, an­fangend in Jerusalem.“ (Lk. 24,47)

• „Wo aber Befreiung von den Sün­den ist, da geschieht kein Opfer mehr für Sünde.” (Hebr. 10,18)• „Von diesem geben alle Propheten Zeug­nis, dass jed­er, der an ihn glaubt, Befreiung von den Sün­den empfängt durch seinen Namen.” (Apg. 10,43)

• „So sei es euch nun mit­geteilt, Brüder, dass euch durch diesen (durch Jesus Chris­tus) Befreiung von den Sün­den verkündigt wird; und von allem, wovon ihr durch das Gesetz des Mose nicht gerecht wer­den kon­ntet, wird in diesem jed­er Glaubende gerecht gemacht.“ (Apg. 13,38–39)

An den fol­gen­den zwei Stellen fällt die Wahl schw­er – man kann das Wort sowohl mit „Verge­bung” als auch mit „Befreiung” übersetzen:

• „Dies ist mein Blut des (Neuen) Bun­des, das für viele ver­gossen wird zur Aph­e­sis von den Sün­den.” (Mt. 26,28)

• „Sie fragten…Was sollen wir tun, Brüder? Petrus aber (sagte) zu ihnen: Tut Buße, und ein jed­er von euch lasse sich taufen auf den Namen Jesu Christi zur Aph­e­sis von den Sün­den, so werdet ihr die Gabe des heili­gen Geistes emp­fan­gen.” (Apg. 2,38)

Aber:

• „Johannes kam und taufte in der Wüste und predigte die Taufe der Buße zur Verge­bung der Sün­den.” (Mk. 1,4)

• „Und er (Johannes) kam in die ganze Umge­gend des Jor­dan und predigte die Taufe der Buße zur Verge­bung der Sün­den.” (Lk. 3,3)

• „…und fast alle Dinge wer­den mit Blut gere­inigt nach dem Gesetz, und ohne Blutvergießen gibt es keine Verge­bung.” (Hebr. 9,22)

• „Wer aber irgend den heili­gen Geist lästern wird, hat keine Verge­bung in Ewigkeit, son­dern ist ewiger Sünde schuldig.” (Mk. 3,29)

Zusam­men­fas­sung: Der Tod von Jesus Chris­tus am Fluchholz hat nicht allein die Verge­bung unser­er Sün­den erwirkt. Wer durch Glauben mit ihm eins ist, wurde auch mit ihm gekreuzigt und begraben, mit ihm aufer­weckt, in sein Reich ver­set­zt und auf diesem Weg ganz und gar von der Macht der Sünde befre­it. Was für ein her­rlich­es Geschenk! Entschei­dend für unsere reale Erfahrung der Frei­heit ist, dass wir begreifen: Die Wirk­lichkeit des erlösten Lebens hat man nur, wenn man in Chris­tus ist. Und das Bleiben in Chris­tus will eingeübt wer­den (siehe Joh. 15,4).

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