Glockenguss

Ein Gle­ich­nis


Ist jemand in Chris­tus, dann ist er eine neue Schöp­fung. Das Alte ist ver­gan­gen.“ (2.Kor. 5,17)
Wenn auch unser äußer­er Men­sch ver­fällt, so wird doch der innere von Tag zu Tag fortschre­i­t­end erneuert.“ (2.Kor. 4,16)
Weil nun Chris­tus bere­it war, im Fleisch zu lei­den, so wapp­net auch ihr euch mit der­sel­ben Gesin­nung; denn wer kör­per­lich lei­det, hört auf mit der Sünde, so dass er dann die noch übrige Leben­szeit im Fleisch nicht den Begier­den der Men­schen, son­dern dem Willen Gottes lebt.“ (1.Petr. 4,1+2)

Glock­en­geläut begleit­et in Deutsch­land schon seit 1200 Jahren das Leben. Früher waren die Glock­en wichtig für die Nachricht­enüber­mit­tlung; jede größere Sied­lung brauchte zumin­dest eine Glocke. Man stellte die Glock­en in Kun­st­gießereien her, und zwar mit Hil­fe ein­er Form aus Lehm. Diese Lehm­form wurde sorgfältigst bear­beit­et, denn sie entsch­ied über Qual­ität, Schön­heit und Klang der entste­hen­den Glocke. Jede Form war einzi­gar­tig; ein Fach­mann und Kön­ner stellte sie her. Das Auf­bauen ein­er guten Lehm­form erforderte Genial­ität, Geschick­lichkeit, Wis­sen und großen Einsatz.

Der natür­liche Men­sch kann mit ein­er solchen „Lehm­form” ver­glichen wer­den. Ein Kind – das noch nicht erret­tete Men­schlein mit sein­er beson­deren Ver­an­la­gung – erfährt von Anfang an die Aufmerk­samkeit Gottes. Er will es, während es her­an­wächst, mit sein­er liebe­vollen Meis­ter­hand bis ins Detail genau nach Plan gestal­ten (wobei aber stets der freie Wille des Men­schen respek­tiert wird). Schon ein kleines Kind kann das Wirken Gottes und seine Zuwen­dung spüren. Und es trifft bere­its Entschei­dun­gen – für oder gegen die Liebe, für oder gegen den heili­gen Geist.

Schauen wir weit­er beim Glock­en­guss zu. Sobald die Lehm­form vol­len­det war, kam der große Tag, an dem sie tief in die Gieß­grube versenkt wurde. Dann goss der Meis­ter von oben, aus dem Schmel­zofen, das flüs­sige, glühende Met­all (die „Glock­en­speise“) hinein…
Und von diesem Tag an war alles anders!

Sobald das Met­all erkaltet war, hat­te die Lehm­form ihre Auf­gabe erfüllt. Bis dahin hat­te sich alles um sie gedreht, nun aber war es damit vor­bei. Sie war nun plöt­zlich Abfall. Man hob sie ab und ent­fer­nte alle ihre Reste; man musste sie ggf. auch zer­brechen, damit die Glocke frei wer­den, zu ihrer Bes­tim­mung kom­men, ihren Platz ein­nehmen und ihren Klang ent­fal­ten konnte.

Unsere Wiederge­burt ist mit dem Eingießen der Glock­en­speise ver­gle­ich­bar. Himm­lis­ches „Edel­met­all” (der heilige Geist) wurde von oben her in uns aus­gegossen. Seit dieser Stunde geht es für uns um das ganz große Umdenken: Bish­er waren wir die irdis­che, zer­brech­liche, vergängliche Form – jet­zt sind wir die Glocke! Bish­er waren wir ein natür­lich­er, sterblich­er, sündi­ger Men­sch (diesen alten Men­schen nen­nt Gott nach der Wiederge­burt das „Fleisch“) – jet­zt sind wir in Chris­tus ein neuer, geistlich­er Men­sch. Der Herr sagt: „Was vom Fleisch geboren ist, das ist Fleisch; und was vom Geist geboren ist, das ist Geist.“ (Johannes 3,6)

Das Kind Gottes sieht äußer­lich vielle­icht noch genau­so aus wie vor der Wiederge­burt, doch sein neues Ich in Chris­tus, sein ver­bor­gen­er inner­er Men­sch, ist von ganz ander­er Art. Als eine neue Schöp­fung bist du Geist – so wie Gott, dein Vater, Geist ist! Du hast jet­zt den Samen der göt­tlichen Natur in dir. Du bist Geist, gezeugt und geboren von Gottes Geist, und dein neues Ich ist vol­lkom­men eins mit dem heili­gen Geist. Dein neues Ich will, was Gott will. Es liebt, was Gott liebt, und has­st, was Gott has­st. Dies ist deine reale Erfahrung, solange du durch Glauben in Chris­tus bleibst.

Von dem Apos­tel Paulus wis­sen wir, wie er in dieses große Umdenken hineinge­führt wurde. Seine drama­tis­che Bekehrungs­geschichte ist uns in Apos­telgeschichte 9 über­liefert, und seine Briefe ver­rat­en uns, wie es danach weit­erg­ing. Nach der ersten Begeg­nung mit dem aufer­stande­nen Jesus Chris­tus, die sein ganzes bish­eriges Leben aus den Angeln hob, gab Gott ihm zunächst drei Tage Zeit, um das Erlebte etwas zu ver­ar­beit­en, zu beten und eine erste Neuori­en­tierung zu find­en (Apg. 9,9–11). Der Herr schick­te auch einen sein­er Jünger, der ihm dabei die nötige Hil­festel­lung geben kon­nte. Dann war Paulus genü­gend vor­bere­it­et für seine Taufe, für das Begräb­nis seines alten Men­schen. Schon bald danach begann er, das Evan­geli­um zu predi­gen. Aber mit sein­er bis dahin noch gerin­gen geistlichen Erken­nt­nis, seinem natür­lichen Eifer und seinen vie­len alten Denkmustern war er noch nicht der für Gott wirk­lich brauch­bare Men­sch. Der Herr führte ihn deshalb zunächst drei Jahre in die Ein­samkeit (Gal. 1,17), bevor es zu inten­sivem Aus­tausch mit Petrus und Jakobus kam und er seine neuen Glauben­süberzeu­gun­gen mit bei­den abstim­men kon­nte (Gal. 1,18–24). Drei Jahre in der ganz per­sön­lichen Schule von Jesus, um durch sein Wort ein neues Denken zu gewin­nen und ein Men­sch zu wer­den, der mit Gott mit­denkt! (Und darauf fol­gten noch ein­mal 14 Jahre mit weit­er­er Erneuerung des Ver­standes, Gal. 2,1–10).

Das Ergeb­nis seines radikalen Umdenkens sieht man dann in seinen Briefen, wo er z.B. schreibt: „Was mir Gewinn war, das habe ich gegenüber Chris­tus als Schaden eingestuft; ja, ich erachte es noch alles als Schaden gegenüber der über­ra­gen­den Erken­nt­nis Jesu Christi, meines Her­rn…“ (Phil. 3,7+8) und: „Ich bin mit Chris­tus gekreuzigt. Ich lebe, doch nun nicht ich, son­dern Chris­tus lebt in mir. Denn was ich jet­zt lebe im Fleisch, das lebe ich im Glauben des Sohnes Gottes, der mich geliebt und sich selb­st für mich hingegeben hat“ (Gal. 2,19+20) und: „Die aber, die Chris­tus Jesus ange­hören, haben ihr Fleisch gekreuzigt samt den Lei­den­schaften und Begier­den.“ (Gal. 5,24)

Iden­ti­fizieren wir uns als wiederge­borene Chris­ten weit­er­hin mit dem Lehm, anstatt uns als die Glocke zu sehen, dann sind wir nicht in der Wirk­lichkeit. Dann gibt es ständig Stre­it zwis­chen dem alten und dem neuen Ich. (Das alte Ich ist mit Chris­tus gekreuzigt und auch begraben; doch wird der „Leich­nam“ jet­zt vom Teufel noch dauernd als lebendig und aktiv hingestellt. Da ist unser Glaube gefragt. Wir kön­nen dem trügerischen Augen­schein stets die Wahrheit ent­ge­gen­hal­ten: „Das bin ich nicht mehr! Diese Per­son ist tot! Ich bin in Chris­tus ein heiliges Kind Gottes!

Iden­ti­fizieren wir uns mit unser­er geistlichen Per­sön­lichkeit – unserem neuen, wahren Ich –, dann kön­nen wir in Chris­tus ein total anderes Leben führen als vor unser­er Wiederge­burt. Dann sind wir ein Licht in dieser dun­klen Welt, so wie Jesus Chris­tus das Licht der Welt ist (Joh. 8,12). Und dann kön­nen wir auch mit den notwendi­gen Lei­den und Schwierigkeit­en im Leben (mit den „Ham­mer­schlä­gen”) richtig umge­hen. Ler­nen wir schnell, uns mit der Glocke zu iden­ti­fizieren, dann wer­den wir schließlich dankbar sein für jeden kleinen oder größeren „Schlag“, der uns mehr befreit.

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